Heute
erinnerte mich das Leben an die Lektion „Man sieht sich immer zweimal“.
Meine
alte Wohnung im Haus meiner Eltern wurde frei, weil meine Freundin, die dort
wohnte, zu ihrem Freund zog. Jetzt zieht jemand Neues dort ein, eine ehemalige
Schülerin von mir.
Die
Gute gehörte nicht zu den fleißigsten Bienchen, ich habe sie eher selten in
meinem Unterricht begrüßen dürfen. Nun ja, der Lehrplan für Geschichte ist auch
nicht mein Ding.
Wir
kamen trotzdem gut miteinander aus. Es war ein leben und leben lassen. Ich habe
akzeptiert, dass sie nun mal Null Interesse an meinem Fach hat. Und sie hat,
wenn sie denn mal kam, nichts „kaputt gemacht“, also nicht gestört, sondern
brav an ihrem Platz gesessen. Ihre Abschlussnote war dementsprechend keine
Eins, aber okay. Wozu einen Menschen stressen, wenn es um nichts geht. Ob sie
die Details zu den Weltkriegen kennt, ist für ihr späteres Leben völlig
uninteressant, dachte ich mir.
So
gingen wir denn im Frieden auseinander. Und heute bin ich dankbar, dass ich
nicht versucht habe, dieses Mädchen zu irgendwas zu zwingen. Sie ist längst
verheiratet, hat zwei süße Kinder und hat sich sicher nie wieder Gedanken um vergangene Kriege gemacht. Ich kann darauf
vertrauen, dass sie für meine Mutter den Flur putzt und sich auch sonst ein
bisschen kümmert. Wir haben eine Haushaltshilfe für unsere Mutter, sie hat eine
Arbeitsstelle direkt unter ihrer Wohnung, so ist allen geholfen.
Es
lohnt sich, im Leben immer nett zu anderen zu sein.



